Kapitel 2

Kapitel 2

A Chapter by Lukas

Als Tim in der untergehenden Sonne die Haustür aufsperrte, hallten in seinem Kopf wie üblich die zufriedenen Stimmen der Gäste nach. Sie wippten in ihren Stühlen, zuckten, als ihre Blicke sich trafen, und funkelten ihn eindringlich an. „Ändere dich!“ hallte immer wieder in seinem Ohr. „Was haben die? Erst wirken sie zufrieden, dann erschreckt �" und dann soll ich mich ändern?“, stöhnte er und fuhr sich mit der Hand über die Stirn. „Ich brauche eine Pause!“, flüsterte er leise.

Tim rief sich das Bild eines rasenden Dreimasters vor Augen. Sein Gang wurde schneller. Er sah sich selbst als Kind �" wie er im Museum mit offenem Mund lange vor dem ausgemusterten Schiff stand. Jedes Detail anstarrte. Sich das Gesamtbild in seiner Komplexität erschloss - und jede Besonderheit bewunderte: den schwarzen Kiel, das rote Freibord und das Blau-Weiß bis zur Reling.

Mit klopfendem Herzen lief er jedes Mal über die Planken und malte sich den Traum weiter aus, mit dem Schiff abzulegen: wie der Fahrtwind ihm ins Gesicht schlug, während die Mannschaft arbeitete. Alle an Deck mit funkelnden Augen, mit einem Charisma, das der gewaltigen Natur gewachsen war. Menschlich �" in Weiß oder ganz ohne �", einfache Arbeiter. Mit lautem Lachen, hartem Arbeiten �" beim Schrubben, Klettern, Bewegen, Rudern �" was eben anfiel. In sportlichen, dicken oder dünnen Körpern �" je nachdem, ob ihre Position sie abmagern ließ oder ihnen genug zu essen bot.

Der Kapitän und der Steuermann in Blau �" sie navigierten, schrieben ins Logbuch, delegierten Aufgaben. Sie verhielten sich ruhig, und wenn sie sprachen, dann saß jedes Wort �" wie ein Schlag, der die Richtung änderte. Sie lachten leise, waren weder dick noch dünn �" sondern in ihrem Traumkörper: Nahrung hatten sie genug, Pausen waren ihnen erlaubt. Und: Sie hatten Bildung.

Das quietschende Holz der Treppe, über die er gerade ging, ließ das Bild des Schiffs wieder deutlich werden. Er glaubte, mit dem Schiff, das er gerade in seiner Fantasie betrat, zu schaukeln �" auch wegen der abgetretenen Stufen, die unter den Orientteppichen verborgen lagen. Sie erinnerten ihn an die privilegierteren Räume eines Schiffs �" vielleicht das Quartier des Steuermanns oder die Messe des Kapitäns.

Bei jedem Quietschen sah er die Planken an Deck, die Taue, die sich spannten, die Segelmasten, die sich im Wind bewegten, und das Wasser, das mit Wucht gegen den Bug schlug. Er sah die Reling �" sie sah genauso aus wie das goldene Geländer, auf das er nun eine Hand legte.

„Schon schön, so ein Geländer. Wie macht man das eigentlich?“, zitierte er lachend Max �" einen Gag aus der Siebten. Ein Spruch, den sie sich immer wieder gegenseitig vorsagten. Die Ironie war unverkennbar �" ein stiller Protest gegen die Bildung, die ihnen aufgezwungen wurde. Und doch, ob absichtlich oder nicht �" dieser Satz hatte Tiefe. Wie oft hatten sie über genau solche Sätze philosophiert. Wieder sah er bildlich, wie viel Arbeit nur ein Geländer war. Er sah Menschen Holz schneiden, schleifen, zusammenkleben, ölen. Ein Mann mit langen roten Haaren im Kostüm des 18. Jahrhunderts stellte die Arbeit ein, drehte sich um und lächelte ihn an. Dann trug er plötzlich die Uniform des Kapitäns �" doch sie veränderte sich: Das Haar wurde rot, die Kleidung modern, und er wurde zur Frau mit blauen Augen.

Tims Traum zerbrach, als der Kapitän dem Anblick von Nadine wich: Irokese, schwarze Weste und korpulenter Körper �" funkelnde blaue Augen. „Tim, ändere dich!“ Ihre Worte klangen lange in ihm nach.

„Hat die das so wirklich in der Schule gelernt!“, stellte seine innere Stimme ihm in diesen Worten eine neue Frage �" hatte er sie gestellt?! Augenblicklich fiel er wieder in Träume.

Bilder aus der Schule tauchten auf. Menschen, die eben diese Fragen stellten, liefen durch den Raum, zeigten mit dem Finger auf ihn und sagten: „Tim, antworten Sie!“

Nun, da er den Teppich sah, während er gleichzeitig den Druck, zu antworten, verspürte �" sah er die Arbeit eines Teppiches �", während noch immer die Mannschaft an Bord fuhr, präparierte, handelte.

Dort, wo sie Teppiche kauften, sah er, wie sie in Persien auf einem Markt standen, wo er von Hand gewebt wurde, während der Händler fertige übereinanderliegen hatte �" und diese gegen die Waren aus dem Westen tauschte. Die Romantik verschwand, als Dampfschiffe fuhren, Kräne beluden und Maschinen anfertigten.

Tim schüttelte sich, fuhr mit der Hand über seinen Kopf, als er aussprach, was er immer seinem Lehrer sagen wollte �" dabei hatte dieser es ihm erklärt: es war eine Weisheit, über die alle redeten, aber jeder daran rätselte, die scheinbar nur durchs Teilen den Menschen half. „Früher so 'ne Arbeit, heute Maschine. Doch was ist besser?“

Dann wieder war da die Stimme: „Reden Sie, Tim �" erklären Sie es: in maximal sechs Sätzen!“

Wie sollte er �" was sollte er sagen?! Früher war es 2,4 Grad besser, heute scheint es, als würden wir alle sterben �" doch früher waren die nicht böse, nur weil sie besser waren. Und heute sind wir nicht wahnsinnig �" nicht automatisch suizidgefährdet, nur weil wir Maschinen benutzen.

Er hörte, wie sie darüber lachten. Wie er vor dem Klassenzimmer stand, hielt er die Türklinke. Sah, wie sie ihm näherkamen und sagten: „Ich verstehe Ihre Argumente �" aber so geht das nicht. Denn: Früher …“ �" hier hörte er immer auf zuzuhören. Denn, auch wenn es wirklich falsch war, was er sagte, und er vielleicht krank �" für ihn war es seine Wahrheit. Und er war ein Individuum mit dem Recht auf eigene Gedanken.

Er schüttelte sich und sah wieder die Kunst, die es war, ein Produkt zu erstellen �" noch immer konnte er die Fragen von damals nicht beantworten: Was solle er sagen? Pi/3 pro Blume, mal 5 pro Buch �" klar, „Oh mein Gott, ich klinge schon wie sie �" nur meinten sie das so? �" Klar, Pi steckt in allem, nur was ist Arbeit, wussten sie es, fühlten sie es? Hilfe, warum bin ich jetzt in der Schule, die ist doch schon Jahre vorbei. �" Aber wenn ich hier bin, wie könnt ihr alle diese Wahrheiten verleugnen und genau wissen, dass nur ich falsch bin, um euch dann zu fragen, wer besser ist und zu erklären, es geht nicht: ja, ich bin jetzt in der Gegenwart und ja, mir geht’s gut, nur wenn ihr darüber reden wollt, ich halte es, ich halte mich: wie geht es euch eigentlich?“

Dann waren sie weg �" er spürte, dass er zum ersten Mal nicht nur hingesehen, sondern sich auch verteidigt hatte. Wärme stieg in ihm auf, und dann erklang eine warme Stimme, die alle seine Sorgen zerschnitt �" merkwürdigerweise mit Worten, die ihn für gewöhnlich immer triggerten und vor Wut schäumen ließen. Doch nun fiel er ganz in sein Element.

Verträumt sperrte er die Tür auf. Nur um wieder mitzuerleben, wie er zwischen Nadine und Christine stand und sie um ihn stritten. Nadine verblasste, und Christine erschien �" Spannung wich Kälte, die warm wurde, wie in den Fassungen von Engel gegen Teufel, eines auf jeder Schulter, beide, die wie Jin und Jang in Abwechslung Harmonie brachten. „Jin und Jang ist Leben �" es sind nicht sie!“ fuhr ihm ein Gedanke durch den Kopf �" „Was denke ich!“, antwortete er sich selbst.

„Du bist mein Bester!“, erklang ihre Stimme in seinem Kopf �" charmanter und wärmer als eben. Sie zwinkerte, nachdem ihre braunen Augen gefunkelt hatten, Nadine nachfunkelten, als würde sie diese verscheuchen; ihn blickten sie ruhig an.

Ehe er verstand, was er tat, sprach er mit ihnen �" sprach mit den Gedanken an die Menschen aus seiner Arbeit, so als wären sie echt, sagte ihnen das, was er von ihnen wollte �" als wäre es das Normalste, was es gibt.

„Mädels �" könnt ihr mich nicht in Ruhe lassen, mich einfach beide mögen, euch dabei auch mögen?“ Beide sahen ihn mit geweiteten Augen an, ihre Brüste hoben sich beim Einatmen. Dann verblassten sie �" waren weg.

Eine warme Stimme hatte sie zerschnitten: für ihn aufgeräumt. „Tim, sie sind nicht da“, erklang sie sanft in seinem Kopf. Augenblicklich stand eine sportliche Frau mit roten Haaren vor ihm. „Lene �" wie kann das sein?“, sprach Tim �" während er erkannte, dass ihm weder warm noch kalt wurde, obwohl es neu für ihn war. Er nickte, ehe er verstand, dass er es tat. „Nein, du bist nicht Lene … bin ich das?“, murmelte er.

Er wachte vor seiner Wohnung auf. Auf einmal war seine Realität klar. Er konzentrierte sich immer deutlicher auf die Reize, die die Träume ausgelöst hatten: das Treppenhaus, die Teppiche, die Tür, vor der er stand und die er jetzt aufsperrte. Die Orion-Teppiche, auf die er dabei blickte, und die grüne Palme, die er im einfallenden Licht des Fensters sah.

„Alles gut, Tim“, erklang die Stimme noch einmal, und augenblicklich vergaß er alles, sah nur sie. Ihre weiten grünen Augen funkelten ihn an, ihr spitzes Gesicht schien ihm so nah, obwohl er allein war und seine Wohnung betrat. „Ach, wie gerne hätte ich jetzt die richtige Nähe“, sagte er, schloss die Tür und zog die Schuhe aus.

Betrat die stickige Bude. Er erkannte, dass er selbst viel Arbeit aufgeschoben hatte. Barfuß ging er über das helle Parkett zum Fenster. Nachdem er die blauen Gardinen zur Seite geschoben hatte, um die alten Fenster zu öffnen, zog er sich im Gehen aus �" die Jacke schmiss er auf das breite Kirschholzbett, den Pullover, als er weiter war, auf den runden, schwarzen Tisch.

Als er im hellblau gefliesten Bad angekommen war, hatte er nur noch die Hose an �" er zog auch diese aus und bewunderte im Spiegel seinen fast Waschbrettbauch. „Sieht gut aus, Tim!“, erklang Christine, wieder zwinkerte sie �" Tim schwitzte, so als stünde sie vor ihm.

„Sie bewundert mich“, sagte er mit trockenem Mund �" „sie tut es nicht, weil sie mich schätzt, zumindest nicht nur, sie mag mich“, hauchte er. Dann schüttelte er sich. „Was soll das, ich will doch einfach nur arbeiten �" warum gehen mir die Motive zu handeln nun so nahe?“, ärgerte er sich.

„Alles ist gut!“, erklang die Stimme wieder in seinem Kopf. Dann sah er in den Spiegel. „Boa, bin ich schön!“, sagte er, als die wie der Ozean blauen Augen auf der glatten, hellen Haut unter den langen, korkenziehergelockten, dunkelbraunen Haaren anblickten.

Sein Körper lockerte sich, als die langersehnte Dusche eintraf. „endlich Wasser, endlich glatt, endlich Parfüm“, stöhnte er. Er schmiss den Kopf in den Nacken. Summend machte er sich fertig �" verfiel in neue Träume, als er auf die Couch sah. „ein junger herr lies sich hinein sacken und ein älterer sagte was fühlen sie. So oder ähnlich. Der klassiker in Psychologie. Dabei haben sie doch nur entspannt.“

Lächelnd gab er sich einer neuen lebendigen Erinnerung hin �" die nun kein Schiff war, keine Arbeit, sondern Kommunikation, er entdeckte schon wieder eine neue Seite an ihm.

Er sah, wie der Therapeut am Schreibtisch saß und den bevorstehenden Termin im Kalender sah, während der Klient zur Praxis eilte. Er stellte sich vor, wie beide sich im lebendigen Gespräch amüsierten.

Du hast vollkommen recht! Das war mein Fehler. Die gesamte Dialogszene gehört natürlich nicht in einen einzigen Absatz. Das macht sie unübersichtlich und nimmt dem Gespräch seinen Rhythmus.

Hier ist die Korrektur mit einer angemesseneren Absatzgliederung für den Dialog:

Er sah, wie der Therapeut am Schreibtisch saß und den bevorstehenden Termin im Kalender sah, während der Klient zur Praxis eilte. Er stellte sich vor, wie beide sich im lebendigen Gespräch amüsierten.

„Guten Tag, Herr Dichter.“ Er streckt seine Hand aus.

„Hallo, Doc“, begrüßt er. Er tritt einen Schritt zurück.

„Dann kommen Sie mal rein!“ Herr Dichter geht rein. Der Doc schließt leise die Tür, atmet durch.

„Ja, setzen Sie sich doch bitte“, ruft er, als der Patient schon sitzt.

„Wollen Sie etwas trinken? Wasser, Cola oder einen Tee?“

„Haben Sie Whiskey?“, schaut er verlegen. Der Mund des Docs klappt auf, während sein Blick unters Pult schielt.

„Single Malt!“, setzt der Dichter fort. Der Doc holt zwei Gläser.

„Doc, ich weiß, dass Sie’s haben und dürfen!“, sagt Herr Dichter lächelnd.

„Ach ja!“ Er zieht eine Braue hoch. „Ja, ich kenne Ihre Akte und Ihren Werdegang. Deshalb wollte ich zu Ihnen. Sie sind noch alte Schule �" und Sie haben durchgehend bewiesen, dass Sie Genuss schätzen und vertreten, dass der Körper gesund ist �" nicht wir vor allem Angst haben müssen vor dem, was auch etwas Schlechtes mit sich bringt �" die Philosophie der Psychologie, die heute keiner mehr kennt.“ Lächelnd holt der Doc die Flasche hervor.

„Herr Dichter, darauf stoße ich mit Ihnen an �" Worte, die ich bis heute geträumt habe. Merkwürdig, dass Sie als Patient sie sprechen. Aber �" hier: Schottland, 1980 �" meine beste Flasche.“ Er füllt die Gläser. Herr Dichter greift nach einem Glas, zieht es vor dem Anstoßen in einem Zug leer. Der Doc zieht eine Braue hoch: „Rohes Verhalten und durchaus keinen Gruppensinn �" vier mögliche Ursachen, zwei Krankheiten!“ Er fährt über seinen Bart, füllt dennoch das Glas nach.

„Okay, ich will nicht, dass Sie mir modernen Kack nachwerfen, wie Unterdrückung von Emotionen �" noch sind wir auch nicht im Moment.“ Dichter nickt.

„Wenn Sie mit mir trinken, dann stoßen Sie auch an!“ Beide prosten. Herr Dichter nippt nur einen Schluck und schließt die Augen. Sie lächeln sich zu und zwinkern.

„Ach, wenn alles so einfach wär �" wie: aufmachen, genießen und herunterschlucken. Und fertig.“

„Da sagen Sie was.“ Beide nicken.

„Warum sind Sie hier?“

„Ich weiß es nicht, Doc. Ich will einfach nur sein �" und ich weiß, dass alle das 'nur wollen'.“

 

Tim wachte auf. „Ja, so müsste Therapie sein“, lachte er. Dann raste sein Herz: Sie lachte ihn an �" kaute auf ihrem Stift: „wahrscheinlich ist sie auch so. �" Kann sie anders sein?“, antwortete eine helle Stimme. Plötzlich stand die rothaarige Frau direkt vor ihm �" auch wenn es nur Fantasie war, sie schien ihm sehr lehrreich. Ihre langen, welligen Haare waren ebenso deutlich erkennbar wie ihr blauer Mantel, die grauen Leggings, die diamantgrünen Ohrringe.

Tim stand mit trockenem Mund da. „Das habe ich mich noch nie gefragt!“, begann er sich natürlich zu bewegen. „Meine Ideen sind realistisch“, jubelte er, als er ruhig und geschmeidig durch die Wohnung lief.

„Was ist schon Fantasie?“, fragte ihn die Stimme.

Er lachte. „Das hier müsste ich festhalten, das liest sich bestimmt spannend“, antwortete er sich selbst.

„Nach moderner Philosophie ist Fantasie und Realität gleich“, sagte die Stimme. „Platon hob die Ideen hervor“, antwortete Tim. „Wie meine Lehrer“, fügte sie hinzu. Er lächelte immer größer. „Wer auch immer du bist und wenn es nur meine innere Stimme ist, danke, dass ich mein Potential finde.“

„Danke, Tim, du bist so detailgetreu, erfahren und lebendig �" endlich kann ich einfach handeln, statt im Kopf die Dinge zu lösen.“ Dann fügte sie hinzu: „Was willst du eigentlich wirklich?“, fragte sie.

„Schreiben“, antwortete er. Noch während er antwortete, rannte er los und griff zum Stift �" getrieben von dieser unfassbar schönen Kraft �" die sich wirklich gut anfühlte.



© 2025 Lukas


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Added on April 15, 2025
Last Updated on April 15, 2025


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Lukas
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